EINSAME MENSCHEN von Gerhart Hauptmann
Die Uraufführung von EINSAME MENSCHEN fand 1891 im Berliner Residenztheater statt, Literatur- und Theaterkritiker zeigten sich begeistert. Mit diesem Stück festigte der Autor seinen Ruf als wichtigster Dramatiker seiner Zeit, er zog EINSAME MENSCHEN allen seinen vorherigen Stücken vor.
„Gerhart Hauptmanns Werk ist noch nach mehr als hundert Jahren auf den Theatern lebendig geblieben, und auch seine Figuren sind so lebendig wie ehedem. Es sind Überlebenskämpfer in einer sich überschlagenden Zeit, Menschen, die ihre Ängste und Hoffnungen, ihre Überforderung, ihre unerfüllten Träume mit sich herumschleppen, die laut die Schuld am eigenen Missglücken dem Andern aufbürden, die lieber austeilen als einstecken – Menschen der modernen Zeit… .“ Verlags-Notiz Felix-Bloch-Erben
Künstlerische Leitung
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Theater-Chef, Regisseur, Produzent
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Pressestimmen
Tempo von heute für Leute von 1891
Von Joachim Fildhaut / MainPost
Gar so einsam sind sie nicht. Sechs Hauptfiguren reden miteinander, versuchen, teils mit ordentlichem Erfolg, sich zu verstehen. Der Autor Gerhart Hauptmann und Regisseur Andreas Büettner lassen keinen allein auf der Bühne sitzen und monologisieren.
„Einsame Menschen“ geht schnell und druckvoll durch seinen Familien- und Lebenskonflikt. Beim – in Würzburg offen gelassenen – Finale wundert man sich, dass schon knapp drei Stunden rum sein sollen.
Berlin 1891. Junger geisteswissenschaftlicher Publizist hat sich von Eltern und Religion abgenabelt, ist grade selber Vater geworden, hat eine liebe, wenn auch nicht intellektuelle Frau. Für ihn ist das alles kein Grund, sich im Leben angesiedelt zu fühlen. Da tritt, als Zufallsgast, eine Studentin in eben dieses Leben. Das Herz unseres jungen Philosophen schlägt höher: Ihr gegenüber empfindet er Freundschaft, kann sich die Freiheit eines unkonventionellen Lebens vorstellen. Kann sich sogar vorstellen, dass man als platonisches Liebespaar Rücksicht auf die Ehefrau als Dritte im Bund nehme. Oder? Nein, würde wohl doch nicht funktionieren. Abgang Studentin.
Abgestreift geglaubte Fesseln erweisen sich zäher als gedacht. Die feste Beziehung, die Ehe, die alle Nervositäten doch beruhigen sollte, kommt als neuer Hemmschuh dazu und nervt dann auch. Dabei immer noch kein fester Job in Sicht. Die Konflikte in Hauptmanns drittem Theaterstück haben rund 125 Jahre locker überdauert. Oder genauer: Zur Entstehungszeit war ein Begriff wie Postpubertät noch nicht geprägt, geschweige denn Spätadoleszenz oder „die Nöte des jungen Mannes in der Multioptionsgesellschaft“, wie der „Spiegel“ zur Inszenierung am Bochumer Schauspielhaus 2014 schrieb. Im Würzburger Theater Ensemble scheint es 2017, als habe Gerhart Hauptmann (Nobelpreis 1912) einige Probleme unserer Gegenwart vorausgeahnt.
Deswegen aktualisierte Regisseur Büettner den Text lediglich in minimalen Details. Die Spieler legen einfach nur ein sehr modernes Tempo vor, das gelegentlichen Staub auf der Hauptmannschen Sprache abschüttelt.
Geringe Restverwirbelungen entstehen etwa, wenn die junge Mutter Käthe ihren Mann aufmuntern will: „Johannes, fidel, fidel.“ Natürlich ist das Schauspiel auch ein historisches Schaustück. Dessen gegen Ende gesteigertes Pathos verursacht heute aber nicht nur Komik, sondern reißt auch wirklich mit.
Thomas Schröter als Johannes und Annika Förster als seine Frau wecken beim Zuschauen rasch eine Anteilnahme, die auf den Handlungsfortgang neugierig macht. Dabei hat Hauptmann diese Frauenfigur wie auch die Studentin (direkt und hintergründig zugleich: Katharina Reich) verblüffend differenziert und gar nicht stereotyp gezeichnet.
Komisch wird?s, wenn Johannes? Eltern haare-raufend ihren Glauben als Allheilmittel empfehlen und zugleich Gemeinheiten gegen ihren Sohn loslassen; Franziska Wirth und Gisbert von Liebig sind für solche Gustostückchen wie geschaffen. Dierk Kählert (Hausfreund) sowie in kleinen Rollen Angelika Fricke und Norbert Bertheau halten auf diesem Energieniveau gut mit. Viel junges Publikum bei der Premiere am Mittwoch.