ORLANDO von Virginia Woolf
So ein Subjekt wie Olando wünscht sich eigentlich jeder Biograph: Er, denn an seinem Geschlecht kann zunächst einmal kein Zweifel bestehen, ist jung, schön, unglaublich adelig und unglaublich reich. Eine Karriere als großer Krieger scheint ihm vorherbestimmt zu sein, man bedenke nur seine ganze Linie männlicher Ahnen, die Ihr Glück auf dem Schlachtfeld fanden.
Doch einen kleinen Wehrmutstropfen muss der Biograph verschmerzen: Orlando krankt an der Liebe zur Literatur. Sein größter Kampf soll der mit der englischen Sprache werden. Und wie bei jedem großen Künstler ist seine Identität nur so permanent und greifbar wie eine Hand voll Sand unter Wasser.
So bleibt in Sachen Geschlecht, Sexualität und Lebensziel überhaupt kein Steinchen auf dem anderen, während draußen die Jahrhunderte vorbeiziehen und Orlando Freunden, Feinden, Verehrern, Liebhabern, Liebhaberinnen, Einsiedlern, Dichtern, Genies, Prostituierten und dem Zeitgeist gegenübersteht.
Klingt ominös?
Ist es auch.
Wenn es einen Preis für das Genre jahrhunderteüberspannende fiktive spleenige lustige Künstlerbiografie mit Geschlechterwechsel gäbe, könnte es mit absoluter Sicherheit nur einen Gewinner geben:
Orlando von Virginia Woolf.